Heute Nacht bekam ich Besuch…
Ich stand in einem
Raum. Er war vollkommen leer, nur eine Lampe hing an der Decke.
Und als ich diesen
weiß-goldenen Schirm um die nackte Glühbirne betrachtete, machte ich eine
Entdeckung, die mir eiskalte Schauer den Rücken hinunter schickte.
Sie saß da, direkt
über meinem Kopf. Schwarz. Haarig. Achtbeinig. Fast so groß wie ein Kind.
Die Spinne warf einen
langen Schatten in den Raum. Ihre dunklen Beine waren dick, die Gelenke
abgesetzt durch bräunliche Ringe.
Ich erstarrte. Meine
Beine wurden schwer wie Blei.
Wo konnte ich hin, was
sollte ich tun? Hatte der Raum doch keine Tür…
Aus Angst, ich könnte
sie mit der winzigsten Bewegung, dem leisesten Geräusch, provozieren, hielt ich
gänzlich die Luft an. Würde sie loslaufen, dann würde ich die Kontrolle
verlieren. Sie würde mit ihren langen, trommelnden Beinen über die Wände
rennen. Das wäre mein Ende, da war ich
mir sicher.
Am Rande meines
Blickfelds, waberte dunkler Nebel in den Raum. Schwarz wie die Pest.
Federleicht zog er sich durch die schwere Luft.
Und da
wusste ich: Es war
ein Traum.
Ich versuchte Luft zu holen, mich von dem düsteren Bild der
Spinne zu befreien, aber es gelang mir nicht. Meine Lungen versagten den
Dienst.
Schwerfällig erwachte ich, als wäre ich gefangen in einer
zähflüssigen Suppe.
Eisblaue, kalte Augen starrten mich an. Hellwach zuckten die
Pupillen hin und her. Studierten mein Gesicht.
Hell und klar stachen sie aus dem mageren Gesicht hervor.
Gerade Nase, spitze Ohren, weiße Haare. So saß er auf meinem Brustkorb,
schnürte mir die Luft ab.
Er nahm seine bleichen Hände von meinem Schlüsselbein und
stützte sie auf das Kissen, rechts und links neben meinen Kopf. Seine schlanken
Beine hielten mich umschlossen, ruhten steinern auf meinen Armen, dicht an
meinem Körper.
Bis auf eine kurze weiße Hose trug er nichts. Die Muskeln an
seinen Armen, Beinen und seiner Brust traten hervor, als er sich auf mich
stemmte.
Ich sank tief in die Matratze, bewegungsunfähig. Atmen
konnte ich nur ganz flach, sein Gewicht schien mich zu erdrücken. Mein Herz
pochte immer schneller.
Das schien ihm zu gefallen. Er zeigte mir seine weißen, kleinen
Zähne während er mich anlächelte.
Was passierte hier?
- Durch meine raue Kehle drang kein einziges Wort. Er ließ mir keinen
Zentimeter Bewegungsfreiheit.
Gerade als ich dachte, ich würde ersticken, senkte er seine
Lippen auf meine. Es war ein zarter Kuss, der Hauch einer Berührung. Sein Atem
roch nach Minze und Lavendel.
Ich sank immer tiefer. Fern der Realität, zurück in die
Traumwelt.
Noch ein letztes Mal blinzelte ich, aber er war
verschwunden. Da war nichts. Nur noch das Gewicht auf meinem Brustkorb.
Heute Nacht besuchte mich ein Alp.
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